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ACCORDEONOVA 2002
Konfrontation: Tango und Neue Musik

Nürnberg, Tafelhalle
Mittwoch 15. Juni 2002

Nürnberger Akkordeonorchester
Dirigent: Stefan Hippe
Solist: Fred Munker (Akkordeon) Achim Goettert (Saxophon)
Quintett des Nürnberger Akkordeonorchesters

Uraufführung von "Hip Polska"
Ska für Akkordeonorchester, Akkordeon solo und Tenorsaxophon
von Achim Goettert
 

 
Nürnberger Nachrichten,
17. Mai 2002
Wenn der Tango auf Schönberg trifft "Accordeonova 2002" in Nümberg Natürlich ist es eine pfiffige Idee, die prickelnd-erotische Aura von Tango mit dem spröden Charme Neuer Musik und vor allem dem Risiko zweier Uraufführungen zu koppeln. Noch dazu wenn die ausführenden Musiker - das Nürnberger Akkordeonorchester unter Stefan Hippe - in ihrer gleichfömigen, instrumenten-starken Massivität nicht gerade all zu sexy rüberkommen. Trotzdem und ganz egal ob solistisch (mit dem "Teufelsakkordeonisten" Fred Munker oder für großes Ensemble: der Tango hat Feuer. Er verbreitet seine Energie in Astor Piazollas geschmackssicher kräftigen Kompositionen ebenso wie im eher populistischen "Blue Tango" von Leroy Anderson und sogar noch im solitären (Para-)Akademismus Hans Brehmes. Der Anschluss an zeitgenössische Musikproduktion gelingt von da aus bestens mit Achim Goetterts "Hip Polska". Die dreiteilige Komposition des 51-jährigen entwickelt sich aus einem sehr lockeren Dialog von solistischem (vom Komponisten selbst gespieltem) Saxofon und Akkordeon, in den sich langsam das Orchester mischt Der titelgebende zweite Satz treibt mit stark betonter Tanzrhythmik zwischen Polka und Ska sowie mächtigen Sound-Ballungen voran, um im "Out" wieder zwischen dem Improvisations-Flair der Soloinstrumente auszuklingen. Interessant auch Stefan Hippes Schönberg-Bearbeitungen. Die "Sechs kleinen Klavierstücke" (op. 19) setzen sich in der eigenwilligen Färbung des Akkordeon-Chors gut faßbar, transparent durch und entwickeln dabei eine bemerkenswerte, sehr charmante Eigendynamik; von Ferne grüßt da der Harmonium-Liebhaber Arnold Schönberg. Klangfarbe ist auch das Kapital der frisch fertig gestellten "Nürnberger Mixt(o)ur" von Helmut Zapf (Jahrgang 1956), Hier trifft live Gespieltes auf Konserve: auf per Computer bearbeitetes Material, das auf dem Klangspek- trum des Akkordeons basiert. Zapfs Komposition erinnert teils an frühe Synthesizer-Experimente zwischen Free Jazz und ambienten Klanglandschaften, bezieht - nur etwas gewollt - Geräusche, Klangerzeugnisse des Akkordeons jenseits der Gebrauchsanweisung ein. Und überzeugt nicht durchwegs, wie die elitär gedachte "Stille Musik" von Peter Hoch (Jahrgang 1937). Erfolgsrezept des Abends bleibt die durchwegs gelungene Mixtur aus Tango und Neuer Musik. Die quittierte langer, begeisterter Applaus aus den überraschend dicht besetzten Rängen der Tafelhalle. HANS-JÜRGEN HAFNER  
     
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