Achim Goettert Musiker, Komponist, Arrangeur Saxophon, Gitarre, E-Bass |
|
|
|
"Jazz aus Bayern", Schriftenreihe des Bayerischen Jazzinstituts Band 3, 1997 ConBrio Verlagsgesellschaft |
|
Jazzpurist war Achim Goettert nie. Vor allem interessierten ihn die grenzüberschreitenden Kunstprojekte. "Für ihn geht es immer auch um das Umfeld, die Spielsituation, die Raumkonstellation, um die Darbietung als ganzes und ihren dramaturgischen Aufbau. Ganz besonders hat es ihm die Visualisierung von Musik und die Einbeziehung angrenzender künstlerischer Bereiche angetan", so schrieben 1988 die Nürnberger Nachrichten anläßlich der Verleihung des Kulturförderpreises der Stadt Nürnberg. Berührungsängste kennt er ebensowenig wie Scheuklappen. Gleichzeitig ist es die gesellschaftlich-politische Dimension von Musik, die ihn zu seinen Projekten und Musikaktionen inspiriert hat. Und dann ist er vor allem Pädagoge, Mutmacher, Förderer und unermüdlicher Organisator. An Ideen und originellen Einfällen hat es ihm daher nie gefehlt. Viele, die sich dem Jazz verschrieben haben ihre ersten Schritte bei und mit ihm gemacht. Er hat ihnen unter die Arme gegriffen, Wege gewiesen, Gigs aufgetan und sie auf die eigenen künstlerischen Beine gestellt. Er ist in Nürnberg eine Institution. Am 14. Dezember 1951 in Dessau geboren, machte Achim Goettert in Kronach sein Abitur, studierte in Erlangen Politologie, Soziologie, Geschichte und Literaturwissenschaften. Als Musiker begann er mit der Gitarre, versuchte sich auch als Sänger und wechselte dann schließlich zum Saxophon. Seine Vorbilder waren zunächst Miles Davis, Ornette Coleman und Frank Zappa. Wenn jemand in den 70er Jahren in Deutschland Jazzmusiker werden wollte, dann ging das irn wesentlichen nur in der Praxis und weitestgehend autodidaktisch. Die fränkische Jazzszene traf sich bei Dieter Bihlmaier am Erlanger Musikinstitut, wo Gastdozenten wie Joe Viera und Peter Giger lehrten und in dessen Umfeld Workshops mit Albert Mangelsdorff, Alexander von Schlippenbach und Gunter Hampel stattfanden. Erst 1979/80 fand Achim Goettert an der Jazz School München in Joe Haider seinen "Lehrer". Er absolvierte als "Diplomierter Unterhaltungsmusiker". 1979 gründete Achim Goettert seine erste eigene Band, die "Freddie Freeloader Group" (u.a. mit Wolfgang Haffner), aus der später wegen des starken Interesses an lateinamerikanischer Musik "Papa Caliente" hervorging, gedacht als Versuch, einen eigenen Weg zwischen modernem Jazz und Latinklischees und tanzbarer Musik zu finden. Immer hatte er mehrere Gruppen gleichzeitig nebeneinander, um entsprechend flexibel reagieren zu konnen. Daneben gründete er den "Verein Nürnberger Jazzmusiker", um für die lokalen Bands Auftrttsmöglichkeiten zu schaffen. Er leitete Workshops, organisierte Veranstaltungen und Festivals ("Jazzherbst Nürnberg", "Jazzfest Franken", das 14. Jazzforum der "Union Deutscher Jazzmusiker" in Fürth) und immer wieder Performances für die unterschiedlichsten Anlässe und Darbietungsformen. So entstand 1986 "Und jetzt", eine Zeit-Raum-Musik zum Gedenken an Tschernobyl für acht Bläser, Gesang, Drumcomputer und allerlei Ingredienzien. Kurz darauf "Maschinen, Schöpfer und Rebellen", eine szenische Musikcollage für Saxophone, Schlagzeug, Drumcomputer und Multitrackrecorder, und "Auf dem Weg - eine urbane Weltmusik", eine Auftragsarbeit der Stadt Nürnberg im Rahmen der Aktion "Kunst im Wohnumfeld" für New Jazz Orchestra, Tanz und Gesang (u.a. mit Friedemann Graef, Laco Deczi und Jutta Czurda). 1987 entstand "Seven Up - eine Freizeitmusik" mit Texten von Kurt Schwitters mit Uwe Kropinski, Dieter Köhnlein und Michael Griener. Die permanente Auseinandersetzung mit literarischen Texten zog Achim Goettert immer wieder zum Theater. Schon 1986 hatte er die Theatermusik für "Der gute Gott von Manhattan" von Ingeborg Bachmann komponiert, 1987 entstand zusammen mit dem Schauspieler Oliver Karbus die Produktion "Der Untergang der Titanic" nach Hans Magnus Enzensberger, 1987 kam es beim 4. "Jazzfest Franken" zu einem "Deutsch-schweizerischen Doppelquartett" (u.a. mit Hans Kennel, Roland Dahinden, Uwe Kropinski) mit einer Tanzperformance von Grace Yoon. Von besonderer Bedeutung ist die 1987 erfolgte Gründung und Leitung des "Improvisers Pool", der zum erstenmal mit einem Open Air Event in der Kunstakademie Nürnberg auftrat, eine Großformation für improvisierte und gleichzeitig strukturierte Musik als multimediale Performance. Es folgte noch im selben Jahr "Four Events" im Institut für ästhetische Grenzbereiche und im Czurda Tanztheater Fürth und "Klangstaffette", eine Open Air Aktion der Nürnberger Kunsthalle. 1990 gastierte der "lmprovisers Pool" unter Leitung von Konrad Bauer im Nürnberger Planetarium; 1991 beim 6. "Jazzfest Franken" und 1992 unter Leitung von John Tchicai als Viertages-Projekt in der Nürnberger Tafelhalle. Von 1988 bis 1989 nahm Achim Goettert einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg im Bereich "Musik und Bildende Künste - Multimediale Aktionen" an. Zur gleichen Zeit entstand die Auftragsproduktion "Denk ich an Deutschland in der Nacht" (u.a. mit dem Tänzer Robert Wechsler, der Opernsängerin Ute Rüppel) und 1990 das deutsch-italienische "The D-I Projekt". Auf Tourneen ging Achim Goettert mit dem "Zadek Quartett Berlin" (u.a. mit Michael Rodach), dem deutsch-italienischen Quintett "Caminhos" und seit 1992 irn Saxophonduo mit Friedemann Graef (Berlin), das die in Pecsvarad (Ungarn) durch alle Tonarten und Jazzstile komponierte Blues-Suite "Zengo 19" aufführte. Während eines weiteren Ungarnaufenthaltes entstanden Solokompositionen im Raum für Vernissagen von Georg Karl Pfahler. Seit 1992 ist Achim Goettert künstlerischer Leiter der "Gostenhofer Jazztage" in Nürnberg, die er mit kleinem Etat, aber großem Ehrgeiz und Erfolg jedes Jahr als Stadtteilfestival über die verschiedensten Bühnen bringt. Inzwischen war auch sein Lehrbuch "The Blues Book" erschienen, ein Einstieg in die Jazzimprovisation. Für das Nürnberger Kindertheater "Pfütze" komponierte Achim Goettert Songs und szenischen Musiken: "Der kleine Prinz", "Du bist ein Indianer Hannes" und "Der satanarcheolügenialkohöllische Wunschpunsch". Und immer wieder Literaturbearbeitungen, z.B. "To Axion Esti" von Odysseus Elytis und "Heimatlos" von Gruber/Prestele für die Städtischen Bühnen Nürnberg. 1993 komponierte und arrangierte Achim Goettert mit dem britischen Rockstar Kevin Coyne für die Gostenhofer Jazztage und 1994 für die "Jazz Units Berlin" das Jazz-Rock-Projekt "Mansion of Dreams". 1994 folgte ein "Projekt Bläsertrio und Kirchenorgel" u.a. mit Johannes Bauer, 1996 eines u.a. mit Günter Sommer. Ab September 1996 arbeitet Achim Goettert als Fachbereichsleiter für Jazz und Pop an der Städtischen Musikschule Nürnberg, eine nachträgliche Bestätigung dessen, was der rührige Jazzförderer und Pädagoge bereits viele Jahre mit großem Erfolg geleistet hat. Kaum einer hat so viel für den Jazznachwuchs im Nürnberger Großraum getan und so vieles bewegt und organisiert wie er. |
|
|
|
|
home |
|